49
Rezensionen
ITGG Berlin - Rezensionen
#7C9CA4
#C66A13

Konzerte & Lesungen

Jason Moran plays Duke Ellington

Künstler*in & Interpret*in:Jason Moran - Duke Ellington
Veranstaltungsort:Elbphilharmonie Hamburg
Rezensent*in:Gerhard Danzer
Datum:20.04.2024

Wie gratulieren Künstler üblicherweise einander zum Geburtstag? Sie winken sich mit einem ihrer Kunststücke zu - ganz gleichgültig, ob es sich dabei um Gedichte, Gemälde, Lieder, Skulpturen, Fotografien, Tonfolgen oder kleine Choreografien handelt. Wie gratuliert ein Jazz-Musiker wie Jason Maron (geboren 1975) einem seiner Altvorderen im Jazz, nämlich Duke Ellington (geboren 1899), zu dessen 125. Geburtstag? Auf eine recht analoge Art und Weise, die gestern Abend (19. April 2024) in der Hamburger Elbphilharmonie zu bestaunen war.

Edward Kennedy Ellington (1899-1974) entstammte kleinbürgerlichen Verhältnissen in Washington und benahm sich jedoch bereits als Jugendlicher derart vornehm und distinguiert, dass er von seinen Kameraden Duke (Herzog) gerufen wurde. Ab seinem 17. Lebensjahr spielte er professionell Musik, zuerst als Klavierbegleiter und bald schon als Bandleader. Außerdem begann er, eigene Stücke zu komponieren und mit seiner Band nicht nur Tanzmusik, sondern in Clubs erfolgreich auch Jazz- und Swing-Stücke aufzuführen.

Bereits Anfang der 30-er Jahre zählte Duke Ellington damit bald zu den bekanntesten afroamerikanischen Jazz-Musikern weltweit. Amerika-, Europa- und zuletzt Welt-Tourneen trugen zu seiner enormen Popularität ebenso bei wie die Verbreitung mancher seiner Musikstücke als regelrechte Klassiker der Jazz-Musik. Erwähnenswert sind auch seine große Neugier und Experimentierfreude hinsichtlich der ihm nachfolgenden Generation von Jazz-Musikern; so kooperierte er beispielsweise mehrfach mit John Coltrane und  Charles Mingus.

Duke Ellington hat über 2.000 Musikstücke komponiert, von denen die Jazz-Experten meinen, dass mindestens 100 davon auch heute noch zum Kanon der Jazz-Musik zu rechnen sind. Einige davon hat der US-amerikanische Jazz-Musiker Jason Maron (geboren 1975) nun ausgewählt, um sie als Motive für eigene Improvisationen und Kompositionen zu nutzen. Zusammen mit der hr-Bigband (Bigband des Hessischen Rundfunks) sowie der Sängerin Eva Buchmann (aus Belgien stammend) zauberte Maron aus den ehemaligen Ellington-Tonfolgen ganz eigenständige Musikstücke, die zwar entfernt immer wieder an den Duke erinnern und ihn zugleich in der jazzigen Ausgestaltung transzendieren und hinter sich lassen.

Wie gratulieren Künstler einander zum Geburtstag - so lautete die Ausgangsfrage. Indem sie einerseits die Erinnerung an ihre künstlerischen Vorläufer und Zeitgenossen und deren Kunst wachrufen und diese andererseits überwachsen sowie ihre Kunst weiterentwickeln. Welch mitreißend-innovative Jazz-Musik entsteht, wenn zeitgenössische Künstler wie Jason Moran sich an klassischen Motiven ihrer Vorläufer wie Duke Ellington inspirieren und daraus das Neue, Unerhörte, bisher Nicht-Gehörte entstehen lassen, war gestern Abend in der Elbphilharmonie im Hamburg zu bewundern. Daher meine Empfehlung zum Schluss: Bei Gelegenheit wieder einige Musikstücke Duke Ellingtons genießen und darüber hinaus Jason Moran auf die persönliche Liste jener Tonkünstler setzen, die es lohnt, ein zweites Mal zu hören.