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Biographien

Thomas Mann - Briefe III 1924-1932

Autor*in:Thomas Mann
Verlag:S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2011, 2 Bände, zusammen 1530 Seiten
Rezensent*in:Gerhard Danzer
Datum:04.04.2012

Diese Sammlung von Briefen Thomas Manns aus den Jahren 1924 bis 1932, ausgewählt und herausgegeben von Thomas Sprecher, Hans R. Vaget und Cornelia Bernini, ist nicht nur für Thomas-Mann-Liebhaber und -Spezialisten eine großartige Ergänzung seines bisher schon zugänglichen Briefwechsels. Sie (die Liebhaber) werden es besonders schätzen, dass diese Sammlung jenen Zeitraum im Leben Manns noch transparenter macht, der aufgrund fehlender Tagebuchaufzeichnungen etwas schwieriger zu beurteilen war. Anhand der publizierten Briefe und vor allem der dazu verfassten Kommentare lässt sich die innere Entwicklung Thomas Manns nun auch in den späten 20er Jahren gut nachvollziehen.

Doch auch weniger an Thomas Mann Interessierte werden durch die Lektüre der Briefbände reich belohnt. Dies liegt an der Fülle und dem kulturellen Niveau der Adressaten, mit denen der Dichter in brieflichem Austausch stand, sowie an den größtenteils anspruchsvollen Themen, die in den Briefen angeschnitten wurden. Zu den Korrespondenzpartnern jener Zeit gehörten etwa Ernst Bertram, Max Brod, Benedetto Croce, Albert Einstein, Sigmund Freud, André Gide, Gerhart Hauptmann, Hermann Hesse, Hugo von Hofmannsthal, Oskar Loerke, Max Rychner, René Schickele, Arthur Schnitzler, Arnold Schönberg, Hans Vaihinger, Paul Valéry, Bruno Walter, Aby Warburg und Stefan Zweig. Man versteht, dass sich der Rezensent dieser Briefbände wie in eine Art europäische Kulturgeschichte versetzt fühlte.

Ein kleines Beispiel für die geistreiche Korrespondenz: Am 27. Dezember 1932 bedankte sich Thomas Mann brieflich bei André Gide für dessen Weihnachtsgeschenk – den ersten Band der Gesammelten Werke des französischen Schriftstellers. Bei seiner Lektüre darin war er auf einen Gedanken Gides gestoßen, der ihn berührte: die Rolle und Aufgabe des Künstlers, der sich – anders als Narziss im gleichnamigen Mythos – selbst nicht wichtiger nehmen dürfe als die Idee, die er vertritt. Wenige Wochen später kam in Deutschland Hitler an die Macht, und Europa versank zunehmend im Grauen des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs. Ein Gedankenaustausch wie der zwischen Mann und Gide wurde damit zur „Welt von gestern“, der man in diesem Briefwechsel mit Wehmut gedenken kann.